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Tuesday, July 10, 2018

DE -- Manlio Dinucci -- " DIE KUNST DES KRIEGES " -- Neokolonialismus und die Flüchtlingskrise




" DIE KUNST DES KRIEGES "

Neokolonialismus und die Flüchtlingskrise

von Manlio Dinucci



Die "Flüchtlingskrise" führt von den Vereinigten Staaten bis nach Europa zu bitteren nationalen und internationalen Kontroversen über die politischen Maßnahmen, die in Bezug auf den Migrantenstrom ergriffen werden müssen. Diese Bewegungen werden jedoch in einem Klischee dargestellt, das die Realität auf den Kopf stellt - das der "reichen Länder", die dem wachsenden Migrationsdruck der "armen Länder" ausgesetzt sind. Diese Falschdarstellung verbirgt die  Hauptursache - das Weltwirtschaftssystem, das es einer kleinen  Minderheit ermöglicht, Reichtum auf Kosten der wachsenden Mehrheit anzuhäufen, indem es sie verarmt und damit eine erzwungene Auswanderung provoziert.

Was den Migrantenstrom in die Vereinigten Staaten betrifft, so ist der Fall Mexiko symbolisch. Die landwirtschaftliche Produktion brach zusammen, als die USA und Kanada mit dem NAFTA (North American Free Trade Agreement) den mexikanischen Markt dank eigener öffentlicher Subventionen mit kostengünstigen Agrarprodukten überschwemmten. Millionen von Landarbeitern wurden arbeitslos, wodurch sich der Arbeitskräftepool der "maquiladoras" vergrößerte - Tausende von Industriebetrieben entlang der Grenze auf mexikanischem Territorium, hauptsächlich im Besitz oder unter Kontrolle von US-Firmen, in denen die Löhne sehr niedrig sind und Gewerkschaftsrechte nicht existieren.

In einem Land, in dem etwa die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebt, hat diese Situation die Zahl der Menschen, die in die Vereinigten Staaten einreisen wollen, erhöht. Dies ist der Ursprung der Mauer entlang der Grenze zu Mexiko, die vom demokratischen Präsidenten Clinton 1994 begonnen wurde, als die NAFTA in Kraft trat, fortgesetzt vom republikanischen Bush, verstärkt durch den Demokraten Obama, die gleiche Mauer, die der republikanische Trump jetzt hofft, entlang 3.000 der Grenzkilometer zu vollenden.

Was die Migrationsströme nach Europa betrifft, so ist der Fall Afrika bezeichnend. Der Kontinent ist reich an Rohstoffen - Gold, Platin, Diamanten, Uran, Coltan (oder Tantalit), Kupfer, Öl, Erdgas, Edelhölzer, Kakao, Kaffee und viele andere.

Diese Ressourcen, die einst vom alten europäischen Kolonialsystem mit sklavenartigen Methoden ausgebeutet wurden, werden heute vom europäischen Neokolonialismus durch an der Macht befindlichen afrikanischen Eliten, billige lokale Arbeitskräften und der nationalen und internationalen Kontrolle des Marktes ausgebeutet.

Mehr als 100 an der Londoner Börse notierte Unternehmen, darunter auch britische, beuten die Bodenschätze von 37 afrikanischen Ländern südlich der Sahara, im Wert von mehr als 1.000 Milliarden Dollar, aus.

Frankreich kontrolliert das Währungssystem von 14 ehemaligen afrikanischen Kolonien über den CFA Franc (ursprünglich für "Französische Kolonien Afrikas", heute "Afrikanische Finanzgemeinschaft"). Um die Parität zum Euro zu wahren, sind diese 14 afrikanischen Länder verpflichtet, dem französischen Finanzministerium die Hälfte ihrer Währungsreserven zu zahlen.

Der libysche Staat, der eine autonome afrikanische Währung schaffen wollte, wurde durch den Krieg von 2011 zerstört. In der Elfenbeinküste (einer CFA-Region) kontrollieren französische Unternehmen den größten Teil der Vermarktung von Kakao, dessen weltweit führender Produzent das Land ist. Den kleinen Produzenten bleiben kaum 5% des Wertes des Endprodukts, so dass die meisten von ihnen in Armut leben. Dies sind nur einige Beispiele für die neokoloniale Ausbeutung des Kontinents.

Afrika, das als von ausländischer Hilfe abhängig dargestellt wird, leistet tatsächlich eine jährliche Nettozahlung von rund 58 Milliarden US-Dollar ins Ausland. Die sozialen Folgen sind verheerend. In Afrika südlich der Sahara, wo die Bevölkerung mehr als eine Milliarde Menschen zählt und zu 60% aus Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 24 Jahren besteht, leben etwa zwei Drittel der Einwohner in Armut, davon etwa 40% - also 400 Millionen - in extremer Armut.

Die "Flüchtlingskrise" ist in Wirklichkeit die Krise eines nicht nachhaltigen Wirtschafts- und Sozialsystems.

Ausgabe Dienstag, 26. Juni 2018

Übersetzung K.R.

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